Die Marktweiber
Nicht lange danach, als ab 1950 die Bockstädter Böcke ihre ersten Bock- sprünge in der Stettener Fasnet machten, war´s den damaligen Zunftoberen klar: Eine weitere, in die Stettener Fasnet passende, originelle Figur müsse "her". Im närrischen Gemüt und Sinn des Alt-Narrenrates und des Zunftschreibers Victor Mutscheller hatte es gefunkt. Was lag näher bei einem Markt als ein Marktweib? Die Zunftoberen fanden die Idee gut und so kam es nach einigem Hin und Her über Aussehen und tauglichen Personenkreis am Feuerwehrball, Schmotziga Dunnschteg 1958, im damaligen Alemannensaal zum ersten öffentlichen Auftritt der ersten Marktweiber.
Die Protokolle des Narrenrates und die Chronik der Marktfrauen dokumentieren übereinstimmend den 17. Jänner 1958 als die Geburtsstunde. Sieben engagierte Frauen - man kann sie als Grundstocklegerinnen bezeichnen - vermummten sich recht und schlecht als Marktweiber, führten einen improvisierten Tanz auf und fingen danach gleich an, im Saal zur Gaudi des Publikums zu "feilschen" und zu "handeln". Ein wegweisender Einstand! Es waren Theresia Teufel, Lia Schätz, Paula Beil, Helene Rank, Margret Mutscheller, Hedi Kurz und Helga Löffler. Diese hatten durch originelles "Maschgeren-Gehen" in den Fasneten vorher schon reichlich Fasnet-Erfahrungen gesammelt und damit das "Zeug" zu echten Närrinnen. Wie die Bockmaske, so brachte man auch das willkürlich zusammengestellte "Häs" am Schmotziga Dunnschteg durch Verlosung unter die Leute. Dieses Verfahren hatte sich nicht bewährt. Mit der Vergrößerung der Gruppe und der Festlegung ihres Status in der Zunft, löste sich nach und nach das Häs-Problem, führte zum heutigen schmucken Gewand aus weißer Bluse, Mieder, Tschopen und dem von Malermeister Ernst Scheu dekorativ fasnetlich bemalten Rock. Ein unverzichtbares Requisit war und ist heute noch der typische Korb. Einem tragischen Umstand ist es anzulasten, daß die Frauen nicht verlarvt sind. Zunftmeister Karl Beil hatte den bekannten Maskenschnitzer Manfred Merz aus Villingen, der auch die Bockmaske schnitzte, beauftragt, eine typische Schemme zu schaffen. Merz lieferte eine liebreizende Glattlarve, die probeweise von Frau Teufel getragen wurde. Bis heute ist es nicht geklärt, warum und wie dieses Exemplar verschwand. Ebenso für manche unerklärlich ist, warum keiner auf den Gedanken kam, erneut Masken für die Marktweiber anzuschaffen. Unverlarvt hat sich die Marktfrau also seit ihrer Gründung über 55 Jahre bis heute zu einer brauchtumsechten Figur gemausert. Vielfältig gestaltet die bewußt auf 24 Frauen festgelegte Gruppe das Erscheinungsbild der Bockzunft zuhause wie auswärts mit. Da ist vor allem der seit 1976 eingeführte "Tanz der Böcke mit den Marktfrauen" zu nennen, den sie effektvoll zur Schau bringen. Eine echte fasnetliche Tätigkeit ist das Fasnets-Küchle-Backen am Schmotzga Dunnschteg. Bis zu 1200 Stück ziehen sie beim "Kalten Markt" aus dem siedenden Fett. Ihre Auftritte bei den Zunftbällen werden als Attraktion gewertet und stürmisch beklatscht. Rückblickend sei der verstorbenen Gründungsfrauen gedacht. Stellvertretend für sie sei Helga Löffler erwähnt, die zusammen mit der einzig noch lebenden Frau Margret Mutscheller das Werden und Wirken der Marktfrauengruppe maßgeblich gestaltet hat. Fast alle der heutigen Marktfrauen waren zuvor Bockmaskenträger, und sie bringen so bereits närrisches Flair in die Gruppe mit. Erinnert sei auch daran, daß Hedi Graf eine der ersten Bockmaskenträgerinnen war, daß Lisbeth Landstorfer schon 1957 die damals auch verlarvte Hudl-Ann spielte, deren Aufgabe dann bis 2006 Ingrid Gröner, zusätzlich noch als Narrenmutter, übernahm. Man könnte noch einiges mehr aus der 55-jährigen Geschichte der Bockstädter Marktfrauen berichten, doch soll´s bei der obigen Aufzählung bleiben - wer noch mehr wissen möchte, kann bei den Marktfrauen nachfragen, ob er seine fürwitzige Nase einmal in die "Chronik der Bockstädter Marktfrauen", begonnen von Margret Mutscheller und bis heute von Ingrid Gröner weitergeführt, stecken darf. |