Hudl Ann & Johann Jakob Scheiffele
Neben den Hauptfiguren der Stettener Fasnet, dem Bock und der Marktfrau, erscheinen als Einzelfiguren der Jakob Scheiffele und die Hudl-Ann, die beide die Stettener Fasnet bestimmend mitgestalten. Beide verkörpern landschaftsgewachsene, sagenumwobene, typische Heubergoriginale aus vergangenen Zeiten, die ihre Darsteller in den Fasnetstagen wieder zum Leben erwecken.
Der Johann Jakob Scheiffele ist der Typ des knorrigen, verschmitzten, auch polternden, mit hintergründigem Humor und spitzbübischer Schalkhaftigkeit gewappneten Älblers und Heubergers. Er ist der Gilde der früher von Ort zum Ort ziehenden oder in gewisssen Abständen auftauchenden Quacksalber, Besenbinder, "Brittlesmanna" oder Fidelmusikanten zuzuordnen. Wie man gerade auf den Namen Johann Jakob Scheiffele gekommen ist und wie sich diese Figur - und wann - in der Stettener Fasnet eingenistet hat, das ist bis dato noch nicht geklärt. Einiges deutet jedoch darauf hin, daß dieser Scheiffele, sollte es ihn tatsächlich in persona gegeben haben, in Stetten am kalten Markt oder im nahen Storzingen gelebt haben könnte. Denn in beiden Orten gab es schon seit Generationen so etwas wie eine "Scheiffele"-Hymne. Sie ist dann kurz nach der Gründung der Bockzunft durch den Tuttlinger Komponisten Gustav Lotterer, als Stettener Narrenmarsch, als "Scheiffele-Marsch", arrangiert worden. Weitere Nachforschungen endeten bisher in einer Sackgasse. Der Familienname Scheiffele ist weder in Stetten noch in Storzingen zu finden. Die Tatsache aber ist, daß unsere Vorfahren in Stetten in irgendeiner Weise vom Scheiffele oder den fahrenden Gesellen angetan waren, den sonst hätte man ihn nicht zu einer markanten und originellen Fasnetsfigur gekürt. Da in den örtlichen Aufzeichnungen und in den mündlichen Überlieferungen keine stichhaltigen Beweise zu finden waren, erhoffte man sich von Professor Hermann Bausinger vom Ludwig-Uhland-Institut in Tübingen Aufklärung. Er meinte, "daß irgendwoher ein Liedtext kommt und daß nachher die Leute selber glauben, der Betreffende habe an Ort und Stelle gelebt". Die Hudl-Ann, die in Lappen oder Lumpen gekleidete Anna, geht auf eine sagenumwitterte Weibsgestalt zurück, die in der hiesigen Gegend ihr Unwesen getrieben, jedoch auch Gutes getan haben soll. Man nannte sie auch "Eulengrubenweible", weil sie in der heute auf dem Truppenübungsplatz gelegenen Eulengrube gehaust haben soll. In vielerlei Vermummungen und mehr oder weniger schreckhaften Gestalten einer Hexe bis hin zur lieblichen Fee ist die Hudl-Ann den über Land gehenden Leuten begegnet, besonders in der Dämmerung und Nacht, mancherlei Schabernack treibend. Auch erzählt man sich, die Hudl-Ann sei des öfteren mit einem nicht näher zu beschreibenden Mann gesehen worden, der ebenfalls aus geistervollen Bereichen stammte. Die Hudl-Ann steht für Gutes und Böses, deshalb gestaltet sie sich in der Fasnet einmal als furchterregendes, hexenähnliches Weibsstück, vermummt mit der von Manfred Merz in Villingen meisterhaft geschaffenen "Hudl-Ann-Maske", ein andermal als gutmütiges Kräuterweible oder leutseliges Marktweib. Die Entscheidung über die Art des Auftretens trifft jeweils die Frau, die die Hudl-Ann darstellt. Ihre Aufgabe: Sie teilt Fasnetsküchle und Orden aus, kredenzt die ölige Bockmilch. Auch der Scheiffele-Darsteller, meist ein geeigneter Narrenrat, auf mehrere Jahre gewählt, kann sich kleiden, wie er es für richtig hält, der Figur entsprechend. Natürlich achtet die Zunft darauf, daß die Gewandung dem Typus des "lumpaci heubergensis" entspricht, denn so etwas ist der Scheiffele doch letzten Endes! Der Johann Jakob Scheiffele gestaltet die Fasnet in Setten a.k.M. entscheidend mit. Rein äußerlich ist dies schon erkennbar: Es gibt den "Scheiffele-Marsch", den "Johann Jakob Scheiffele Orden", den höchsten, den die Stettener Böcke verleihen, und einen "Scheiffele-Ball". Selbst eine Straße in Stetten am kalten Markt führt seinen Namen, kurzum: er ist ein gewichtiger Mann, einem Narrenvogt vergleichbar. Beide, der Scheiffele und die Hudl-Ann, treten bei vielen Anlässen gemeinsam auf. Beim Narrensprung sind sie Arm in Arm zu sehen.. |