Bockstetter Böcke
Die Bockmaske gehört zu den faszinierenden und traditionsreichen Tiermasken, inspiriert vom Widder, dem Schafbock. Seit jeher haben Kulturen Tiere in ihre Rituale und Mythen eingebunden, ihnen mitunter auch göttlichen Status verliehen. Der Widder spielte dabei eine zentrale Rolle und wurde bereits in der Antike verehrt – als Symbol für Fruchtbarkeit und während der Frühlings- und Dionysosfeste. Bei den Germanen war er Donnar, dem Gott des Donners, geweiht, während er im Mittelalter sowohl als schützende als auch als unheimliche Gestalt fungierte.
Im Wappen der Stettener Herrschaft zwischen 1432 und 1648 prangte ein springender Widder, eine Hommage an die dort weit verbreitete Schafzucht und eine augenzwinkernde Reaktion auf den Spitznamen "Böcke", den die Stettener von ihren Nachbarn erhielten. Die künstlerische Gestaltung der heutigen Bockmasken geht auf den Stettener Malermeister Ernst Scheu zurück, mit den ersten Schnitzarbeiten von Manfred Merz aus Villingen. Später übernahm der viel zu früh verstorbene Narrenrat Erwin Blender die Aufgabe des Schnitzens. Aus feinstem Lindenholz entstehen in sorgfältiger Handarbeit beeindruckende Masken, die dem Antlitz eines Schafbocks täuschend ähnlich sehen. Die Hörner der Masken sind echte, sorgfältig ausgewählte Exemplare, meist von Heuberger Zuchtböcken stammend. Da hornlose Züchtungen zunehmend verbreitet sind, werden die passenden Hörner immer rarer. Die Kostümteile, wie Haube und Jacke, bestehen aus hochwertigem, chromgegerbtem Lammfell, während stabile Beinkleider aus Drillich oder ähnlichem Stoff mit Schäferszenen verziert sind. Ehemals bemalt von Malermeister Ernst Scheu, setzt heute ein Team aus Maskenträgern seine Techniken fort. Der Bock trägt um den Hals eine alpine Glocke, deren Klang zusammen mit anderen Glocken das charakteristische "Gschell" bildet. Weiße Handschuhe und Schuhe in Schwarz oder Braun runden das traditionelle Erscheinungsbild ab. Die Bockherde zählt bewusst maximal 120 Maskenträger, um die Tradition in einem angemessenen Rahmen zu halten, angeführt von einem "Zunftschäfer" in Original-Heuberg-Schäfertracht. Der Wert der gesamten Ausstattung – Maske und Gewand – beträgt etwa 1.500 Euro. In den 1950er Jahren konnte man Maske und Gewand durch eine Lotterie für nur 2 Mark gewinnen, während sie heute von der Zunft an Mitglieder während der Fasnetszeit verliehen werden. Diese reich gestaltete und lebendig getragene Tradition ist zweifelsohne eine der schönsten ihrer Art in der schwäbisch-alemannischen Fasnetslandschaft und bereichert das faszinierende Erscheinungsbild unseres heimatlichen Brauchtums mit unvergänglichem Charme. |